Eine Frage, die sowohl uns als auch die Wissenschaft bereits lange beschäftigt, bezieht sich auf den Ursprung von Zahlen und ihre Einführung als gängiges Maß zur Quantifizierung von Sachverhalten. Während Zahlen auf der einen Seite aus ganz funktionellen Gründen etwa zur Vereinfachung des Handels entwickelt wurden, verfügen wir Menschen auch über eine angeborene Fähigkeit größere Mengen auseinanderzuhalten, welche mitunter bereits im frühen Kleinkindalter sichtbar wird.
Wenn Kinder in die Schule kommen und ihren ersten Matheunterricht erleben, verfügen sie oftmals bereits über ein rudimentäres Wissen über das Zahlensystem. Während dieser Umstand von der Wissenschaft damit begründet wurde, dass Kinder bereits vor Eintritt in die Schule durch informelles Lernen und elterlicher Erziehung mit grundlegenden Prozessen wie der Addition und Subtraktion in Kontakt kommen, scheinen neuere Befunde eher auf eine angeborene Affinität für Zahlen und die damit verbundene Diskrimination von Mengen hinzudeuten.
Das Interesse an dem Ursprung der Zahlen und frühen Zählkonzepten führte die Wissenschaft auf die Spur des Zahlenverständnisses von Kleinkindern. In verschiedenen Experimenten konnte dazu festgestellt werden, dass Kinder bereits im vorverbalen Alter zwischen 10 und 12 Monaten in der Lage sind, kleinere Zahlenmengen (Mengen von 3 vs. 4) erfolgreich zu unterscheiden. Andere Studien berichten darüber hinaus von 6-Monate alten Kleinkindern, welche innerhalb von Experimentalsituationen in der Lage waren, größere Mengen (16 vs. 32) erfolgreich zu unterscheiden. Auch wenn Kleinkinder noch nicht über rudimentäre Zählstrategien oder Zahlenkonzepte verfügen, scheint Ihnen doch eine angeborene Fähigkeit zur Einschätzung von Mengen innezuliegen.
Sobald Kindern allerdings die Bedeutung von numerischen Wörtern und das Konzept des Zählens vermittelt wird, ergibt sich aus diesen Formen der Mengenrepräsentation ein einheitliches und von der Sprache abhängiges Verständnis von Zahlen. Dies führt dann schließlich auch dazu, dass unser Verständnis etwa von eher abstrakten Konzepten wie der Unendlichkeit und unser einzigartiges menschliches Zahlenverständnis so derart stark an unser sprachliches Repertoire angebunden ist.
Wie die Ergebnisse dieser Studien implizieren, scheint unsere Verwendung von Zahlen möglicherweise die logische Konsequenz unserer menschlichen Natur zu sein und erklärt, wieso Kinder bereits im Alter der Einschulung über ein gutes Zahlenverständnis verfügen. Würde uns diese angeborene Fähigkeit fehlen, so wären wir womöglich gar nicht in der Lage das abstrakte Konzept der Zahlen auch nur annähernd greifbar zu machen. Während die Wissenschaft bei der Erforschung zur Entstehung und Entwicklung unseres Zahlenverständnisses noch ganz am Anfang steht, geben die bisherigen Befunde schon einen guten Ausblick auf das Zahlenverständnis als angeborene menschliche Fähigkeit.
Literatur