Eine Frage, die sowohl uns als auch die Wissenschaft bereits lange beschäftigt, bezieht sich auf den Ursprung von Zahlen und ihre Einführung als gängiges Maß zur Quantifizierung von Sachverhalten. Während Zahlen auf der einen Seite aus ganz funktionellen Gründen etwa zur Vereinfachung des Handels entwickelt wurden, verfügen wir Menschen auch über eine angeborene Fähigkeit größere Mengen auseinanderzuhalten, welche mitunter bereits im frühen Kleinkindalter sichtbar wird.
Kinderleicht? Die ungeahnten Fallstricke des Zählens
Zahlen sind in unseren Alltag auch deswegen so dominant, weil Vieles in unserem Leben so gut zählbar ist. Zählen halten wir für kinderleicht. Diese Haltung spiegelt sich auch in den Mathematikbüchern wieder, die ja selten ein Thema daraus machen, wie die Mengen entstanden sind, mit denen gerechnet wird. Sie sind einfach schon da. Doch schnell kann der Boden, auf dem wir unbekümmert zählen, rutschig werden. Werfen wir also einen Blick auf die eher selten thematisierten Fallstricke des Zählens.
Zahlen sind auf der Welt, um Eindeutigkeit zu schaffen. Wo Zahlen wirken, schwindet für uns der Zweifel. So jedenfalls die heile Welt der Zahlen, die uns so uneingeschränkt und hartnäckig durch Mathematikunterricht und andere Institutionen vermittelt wird. Und wie bei so vielen Kulturtechniken, gibt es eine gute Verwendung, eine laxe, eine fahrlässige bis hin zu bösartiger Verwendung der Zahlen. Der Umgang mit der Präzision ist eine sehr offensichtliches und erschreckend weitläufiges Problem im gesellschaftlichen Umgang mit Zahlen.
Psychologische Fallstricke im Umgang mit Zahlen: Der Framing-Effekt
Wie wir in anderen Belangen bereits feststellen konnten, kann unsere Wahrnehmung von Zahlen unser Abbild der Realität und damit auch den Ausgang unserer Entscheidungsprozesse maßgeblich mitbestimmen. Doch nicht nur unsere Annahme von Zahlen an sich ist hier problematisch, sondern bereits die Rahmenbedingungen in denen uns diese Zahlen präsentiert werden. Der sogenannte Framing-Effekt beschreibt hierbei, dass sich unsere Entscheidungen auf Grundlage von Zahlen verändern können, wenn uns die gleichen Informationen lediglich anders präsentiert werden.
Zahlsteine – Als Zahlen noch keine Wörter waren
Wir haben gerätselt, was Menschen in ihren ersten Strichlisten markiert haben könnten. Vermutlich waren es Mengen von Tieren, Tagen oder ähnlichem. Naheliegender wäre jedoch, dass es einen erweiterten Bedarf gab, eine Anzahl sicher festzuhalten und festzustellen, als sich erste Wirtschaftssysteme begannen entwickeln.
Darstellung von Fluthöhen durch Schriftzeichen im alten Ägypten [Picture: Von Ochmann-HH - Selbst fotografiert, CC BY 2.5, Link]
Je intensiver ich mich mit dem Ursprung der Zahlen befasse, desto größer ist meine Faszination. Dies fängt damit an, dass wir eine seltsame Ignoranz pflegen: Abgesehen vom Hinweis auf römische Zahlen, ist wenig Wissen über den Ursprung der Zahlen verbreitet. Bemerkenswert, wenn man bedenkt, wie sehr Zahlen heute unser Leben bestimmen und prägen. Zahlen scheinen für uns das Normalste der Welt zu sein. Folgerichtig ist es für uns nur sehr schwer vorstellbar, wie ein Leben ohne Zahl aussieht.